...CLASSIC
- MOTORING...
hat seine Wurzeln. Eine davon ist Jochen Geiken. Er wurde
im April 1950 im Norden Deutschlands geboren und war sicherlich ein typisches
deutsches Nachkriegskind. Aufgewachsen als Sohn eines Musikers mit Ostfriesischen
Vorfahren und seiner Mutter aus Ostpreußen wuchs er zusammen mit 2 Brüdern
hier auf.
Die ersten fremden Einflüsse kamen über die benachbarten
englischen Streitkräfte und deren Radiosender. 1959 zog die Familie nach
Frankfurt am Main. Hier wurde er nun endgültig geprägt durch die starken
Strömungen und Symbole der 50er/60er Jahre. Sie haben auch sein Lebensgefühl
geformt.
Die meisten nach dem Krieg geborenen jungen Menschen eiferten
den englischen oder amerikanischen Idealen nach. So war es dann auch kein Wunder
das ihn in den sechziger Jahren der Austin Healey 3000 sehr stark beeindruckt
hat. In Verbindung mit den vielen Bildern aus England zu der Zeit, aus dem aufkommenden
Fernsehen, den Illustrierten usw. mit der Musik diedamals die junge Generation
voll eingenommen hatte, ist bei ihm der Wunsch entfacht worden, unbedingt die
eigene Identität über ein solches Fahrzeug auszudrücken.
Ja - nicht die heutigen Werte wie Motorleistung, Höchstgeschwindigkeit, Kraftstoffverbrauch
oder Wiederverkaufswert waren die Kaufargumente sondern nur das damals unglaublich
wichtige Gefühl die englischen Lebensart und Kultur hier zu empfinden und
zu erleben. Ohne einmal (jedenfalls bis dahin) auf der Insel gewesen zu sein.
Die finanziellen Möglichkeiten damals waren mehr als begrenzt. So musste
er bald feststellen, daß er es nicht schaffen würde, dieses Auto zu
finanzieren. Aber er wollte diesen Traum einfach nicht aufgeben und informierte
sich über die einschlägige Literatur und kam zu dem Entschluß:
Es soll ein MG sein. Ja ein MG-A denn der kam ja ebenfalls aus England. Für
ihn hatte er sehr viel Ähnlichkeit und die Verwandtschaft mit dem Healey
war nicht zu übersehen. Sie wurden ja von den selben Menschen im selben Werk
zur gleichen Zeit hergestellt und wurde gebraucht - erheblich günstiger gehandelt...Also
wurden alle Zeitungsinserate (die damalige Kultzeitung war die FRANKFURTER RUNDSCHAU)
am Freitag-Nachmittag studiert. Die Folge war eine Probefahrt in einem MG-A 1600
Roadster Bj. 61 im Frühjahr 1969.
(größer)
Jochen
erzählte: Es war eine zweizeilige Anzeige die mir ins Auge stach - schon
wegen des "moderaten" Preises. Als ich hinkam war der Verkäufer
gerade dabei den Wagen zu waschen. Von Hand natürlich wie das früher
üblich war. Das ist übrigens der billigste Verkäufertrick - dann
glänzt der Wagen im Wasser über alle Ohren. Ich überzeugte ihn
von der Notwendigkeit einer Probefahrt. Dann passierte es - er schlug
das Verdeck auf, verstaute das Gestänge hinter den Sitzlehnen und startete
den Motor...Ich sollte auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Wer schon mal eine
geschüttelte, warme Familienflasche Coca-Cola versehentlich öffnete,
hat einen Bruchteil des Blutdruckes erlebt der mich ereilt hatte. Wer Emotionen
kennt versteht was dann passierte. Ich weiß das es nicht möglich ist,
irgend jemanden der jünger als 50 Jahre ist, diese Gefühle beschreiben
zu können die mich dann durchzogen.
Das kann sonst nur ein Junkie
mit einer Überdosis Opium der feinsten Sorte ermessen. Ich saß bei
der Probefahrt auf meinem Sitz und Schmolz vor Glückseligkeit dahin. Der
Fahrtwind und die knorrigen Geräusche sugerierten mir das Ziel meiner Träume.
Es war wie Motorradfahren ohne Helm. Noch besser... Da war dieses unbeschreibliche
Gefühl - dieser nahezu willenlose Taumel. Wie in einem freien Fall aus unglaublicher
Höhe.
Ich rief dem Fahrer schon nach kurzer Zeit zu: Ist gekauft!
Ist gekauft! Es war vermutlich eine Überdosis Adrenalin die meinen Verstand
in diese Blanco-Scheck-Phase brachte. Ich registrierte nicht den Ölqualm
der aus dem Getriebetunnel kam, hörte nicht das klappernde Pleuellager und
sah nicht den Öldruck wie er nicht über 40 PSI stieg. Bemerkte nicht
die rutschende Kupplung und sah die nasse Ölwanne nicht. Ich sah nicht unter
den Wagen, nicht in den Motorraum. Ich hatte noch nicht mal mehr den Willen Preisverhandlungen
zu führen... Der Wagen war gekauft.
Ich zahlte bar (mit geliehenem
Geld) und fuhr (schwebte) mit dem gekauften Wagen stolz wie der Prinz von England
nach Hause. Unvorstellbar wie das Blut in Wallung geraten war. Unvorstellbar das
so was den eigenen Verstand ausschalten konnte. Immerhin war ich in dieser Zeit
in meinem 3. Lehrjahr als Autoelektriker bei einer Kraftfahrzeugwerkstatt, einem
BOSCH-DIENST in Frankfurt tätig und hatte schon genug Fachwissen um solche
Dinge bei Kundenautos zu beurteilen. Aber bei meinem jetzt eigenen Traumwagen
waren alle diese Schutzfunktionen außer Kraft... Nur der Herrgott weiß
warum??
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