MG-CORNER-KELKHEIM

Nun hatte also das Team mit Siggi Weinberger, Heinz Nagell, Dieter Schönwies und Michael Braun sowie Jochen Geiken eine feste Bleibe gefunden. In den nachfolgenden Jahren fuhren wir viele nationale und internationale Rennen. Immer mit einem PKW und Anhänger und Begleitfahrzeugen. Das führte dann auch zu der Erkenntnis das ein Renntransporter angeschafft werden sollte. Oftmals hatten wir schlechtes Wetter an den Rennstrecken, dann war der Aufenthalt für die Crew und das Arbeiten am Fahrzeug nicht so toll. Das sollte mit der Anschaffung eines alten Möbeltransporters (Daimler Benz mit BERGER-Aufbau vom Typ 319D) vorbei sein.

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Diesen Transporter bauten wir natürlich nach unseren Vorstellungen um und erhielten ein kleines Traumfahrzeug. Wir hatten vom Luftkompressor über den eigenen Stromerzeuger (denn es gab noch nicht auf allen Rennstrecken Strom) bis hin zur festen Werkbank, alles was das Rennteam brauchte. Durch umklappbare Einrichtungen hatten wir genug Sitz- oder Liegeplätze. Denn oft genug hatten wir Gäste im Fahrzeug die sich aufwärmen wollten - wir hatten natürlich eine Standheizung. So konnten wir viele, viele Rennen besuchen und sind trotz nur 50 PS kreuz und quer durch halb Europa gereist.
Am Anfang bastelten wir noch an einem einfachen Wetterschutz. Erst später hatten wir dann ein schönes Vorzelt. Bald kam auch die Idee einen weiteren MG-A als Rennfahrzeug zu bauen. Und zwar mit den Erkenntnissen des ersten (C1). Um Verwechselungen zu vermeiden, gaben wir den Fahrzeugen Nummern (z.B. C1: Competition der erste Wagen usw.)

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Über den Bau des C2 hatten wir lange nachgedacht. Er sollte den MG-A natürlich konkurenzfähiger machen - innerhalb der Sportgesetze. Und er sollte sicherer werden. Natürlich wollten wir auch die Kenntnisse der Engländer mit einfließen lassen. So bauten wir fast ein Jahr lang den Wagen auf. Damals erlaubte das Reglement uns auch noch die Verwendung des Aluminium-Querstrom-Zylinderkopfes (welcher ein nicht unerheblichen Anteil am Fahrspaßbrachte). Manfred Berger designte und baute einen Überrollbügel. Weil der so gut gelang, baten wir ihn auch gleich einen für den C1 zu bauen.


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So kam es, daß wir einen der ersten fest eingebauten Überrollbügel bei historischen Fahrzeugen in Deutschland (Klasse E) hatten, noch bevor es überhaupt eine Regelung dafür im historischen Sport gab (die FIA-Regelung für die Klasse F kam erst später). Als der C2 fertig war, fuhr ich (Jochen) den Wagen in den ersten Rennen und musste sehr schnell erkennen das wir zu weit mit der Fahrwerksentwicklung gegangen waren. Bei trockener Strecke war der Wagen sehr schnell und nervös, bei nasser Fahrbahn aber unbeherschbar. Ich mußte viele Konkurenten vor den Kurven vorbeilassen. Also half alles nichts - wir mußten zurückrüsten. Das Fahrwerk wurde wieder weicher gemacht und siehe da - diese Kombination paßte viel besser! Das Auto ließ sich wieder mit dem Gaspedal aus der Kurve herausbeschleunigen. In dieser Zeit konnten wir die besten Ergebnisse einfahren.
Der aufmerksame Leser wird bemerkt haben das da doch noch ein Rennwagen gewesen sein mußte - nämlich der C1. Ja - als erster versuchte sich Michael Braun als Nachwuchsrennfahrer.

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Zu der Zeit war er der jüngste Teilnehmer im historischen Motorsport in Deutschland. Es stellte sich bald heraus, daß wir ein Talent entdeckt hatten, noch weit vor Michael Schumacher. Wir staunten über seinen Mut sich gegen viel größere und erfahrenere Fahrer und Fahrzeuge zu stellen. Nur die Standfestigkeit unseres damaligen Materials setzte ihm Grenzen. Mit zwei Rennfahrzeugen hatten wir eigentlich vor und nach den Rennwochenenden genug zu tun. Wir mußten hier schon eine gewisse Logistik entwickeln um alles reibungslos ablaufen zulassen.

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Das Schicksal wollte es, daß unser Freund Jürgen Dessau mit seinem MG-A am Nürburgring verunglückte. Zum Glück gab es nur Materialschaden, aber er und seine Frau Gisela entschlossen sich vom aktuellen historischen Sport zu verabschieden. In diesem Zusammenhang bot Jürgen mir sein verunfalltes Rennfahrzeug an, das ich gerne übernahm. Ich erkannte damals die Chance nach Wiederherstellung des Wagens als erstes Privatteam in Deutschland mit 3 MG-A ein Versuch zu wage,n an die ehemaligen Werksteams von MG zu erinnern. Unser LKW hatte großflächige Bemalung - die Rennfahrzeuge waren alle in gleicher Farbe. So gingen wir in Europa an den Start.
(Bild altes Logo)

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Wir nannten den Neuzugang "C3". Natürlich stellte sich auch die Fahrerfrage. Da es sich bei dem Wagen um ein MG-A Twin-Cam (mit Stoßstangenmotor) handelte war also Siggi Weinberger der richtige Mann - zumal er den Wagen schon vor dem Unfall als Leihgabe von Jürgen im Rennen gefahren hatte. Er merkte aber auch schnell das hier noch einiges getan werden musste um das Auto zu verbessern. Besonders die Bremsen erforderten sehr viel Einfühlungsvermögen. Leider hatten wir in der Phase noch einige Probleme mit der Standfestigkeit der Motoren. So lagen Lust und Frust oft nah beieinander.

Wir hatten teilweise schon spektakuläre Leistungen aus den kleinen Motoren herausgeholt, aber selbst die Streckensprecher der damaligen Zeit konnten schon nach einigen Runden vorher sagen, das das nicht lange gut gehen konnte. Schade das wir damals noch nicht MOTUL kannten (das beste Motorenöl das ich jemals kennen gelernt habe)! Später mehr darüber.
Nach einigen weiteren Rennen stellte sich für mich die Frage ob ich mich nicht doch mehr der Organisation widmen solle? Da wir aber alle unsere Fahrzeuge selbst gebaut und finanziert hatten, kam kein auswärtiger Fahrer in Frage. Heinz Nagell musste ran. Ja so verrückt wie es klingt. Jeder andere hätte sich vielleicht um einen Fahrersitz gerissen - aber unser Werkzeugmacher, der normalerweise um 100 stel Millimeter oder gar 1000 stel Millimeter kämpft , sollte jetzt um 10 tel oder 100 stel Sekunden kämpfen?! Erst nach gutem Zureden aller Mitglieder gewannen wir Heinz für die Rennstrecke. Und siehe da - Heinz war unsere Bank!

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Wenn die anderen im Gefecht mit den Gegnern auch die Strecke verloren - unser Heinz kam immer an. Selbst bei einem Rennen wo es extreme Probleme mit der Kraftstoffqualität gab, fielen die beiden anderen aus. Und Heinz kam ins Ziel. Noch oft denke ich an unseren Ankommer! So einen Fahrer wünsche ich jedem Team. Denn erst im Ziel ist man zu Hause! Jeder Rennfahrer erlebt die Zielduchfahrt als etwas besonderes, gleichgültig an welcher Position er liegt.

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1982 verstarb unser Vermieter Jakob Kunz in Kelkheim. Seine Erben meldeten Eigenbedarf an und so begann die Suche nach einer neuen Bleibe - oder schlimmstenfalls drohte die Aufgabe des Rennsports - mangels Werkstatt. Der Zufall wollte es, daß in der Nachbarschaft ein Gartengerätebetrieb Pleite gegangen war und der Vermieter, frustriert durch die Hinterlassenschaft und die Unzuverlässigkeit des Vormieters, einen Nachmieter suchte der bereit war sich selbst um die Bereinigung und Instandhaltung der Räumlichkeiten zu kümmern. Der Vermieter war selbst sehr technikinteressiert (durch seinen Modellbauladen) und hatte wohl ein Herz für unsere Gemeinschaft. Wir wurden uns einig und der Umzug konnte beginnen.

Natürlich ist in der Zwischenzeit unser Freundeskreis größer geworden. Zu unserem Stamm kamen damals noch Giovanni Delicio, Rainer Salomon, PeterSemmelrock, Manfred Sauer, Wolf + Stephan Pröpsting usw. dazu. Nach unserem Umzug mussten wir natürlich alles neu gestalten. Wir hatten einen Zuwachs an Quadratmetern und konnten uns auch einen sehr gemütlichen Clubraum einrichten. Natürlich waren die Gesamtkosten gewaltig angestiegen. Immer wieder wurden neue Finanzierungsmodelle entworfen und verworfen. Es blieb eigentlich immer an mir hängen diese Probleme zu lösen.
Einige wenige Mitglieder konnten sich zu regelmäßigen Beiträgen aufraffen. Auf jeden Fall konnten wir ein Jahr mit Peter Semmelrock als Fahrer bei Ronny Bredhauer in seiner GT-Serie mitfahren.

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Und die Klassiker (Jan-Wellem/OGP/Eifel-Klassik) sind wir weiter gemeinsam gefahren. Da kam unseren MG-Car-Clubfreund Wolf Pröpsting auf die Idee doch etwas zusammen mit Hilfe der Fa. Henkell zu tun. Damit konnte er am Nürburgring ein nettes Zeltarengement organisieren, das unsere Außenwirkung deutlich verbesserte.

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Inzwischen mussten wir uns, schon aus Platzgründen einen neuen Transporter  (DB307D)  anschaffen, den wir als Werkstatt und Zugfahrzeug nutzten.

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Denn der 319D war mit seinen 50PS sehr schnell im Gefälle ­ aber leider gibt es nicht nur Gefälle auf den Wegen zu den Rennstrecken. Inzwischen war es eine richtige Karawane die zu den Veranstaltungen losgezog. Und alles musste vorher sorgfälltig geplant werden. Ich selbst griff eigentlich immer weniger in das Lederlenkrad eines Rennwagens, denn die Arbeiten im Umfeld hatten mich voll im Griff. So hatte sogar einmal unser Rainer Salomon die Gelegenheit ans Steuer zu rutschen. Nach einigen Rennkilometern konnte er erkennen, welche Belastung es für Mensch und Maschine darstellt.

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Nach dem ich sah wie Vorteilhaft für alle eine Unterstützung durch einen Sponsor wie z.B. Henkell war, versuchte ich alle namhaften Spiritiosenhersteller (und andere) anzuschreiben und uns zu empfehlen - ohne jeden Erfolg. Wie so oft war es Zufall, daß eines Tages im Fahrerlager auf dem Nürburgring neben unserem Zelt jemand einen schwarzen MG-B GT zu laufen bringen wollte, der wohl an den Vorstart sollte und sein Gas nicht richtig annahm.
Nach einer Weile ging ich generft durch die ständigen und unerbittlichen Gasstöße zu dem Fahrzeug und sah erstaunt einen etwa gleichaltrigen Mann, fluchend mit Fahrer und Motor vor dem Fahrzeug stehen. Der Fahrer saß im Wagen und folgte seinen Anweisungen. Ich weiß wie gefährlich es ist sich in solch einem Moment einzumischen, aber meiner Meinung nach ging es nicht mehr anders. Ich stellte mich kurz vor und bot meine Hilfe an. Er sagte er sei Dieter Hoppe und hätte dieses Fahrzeug für das Rennen vorbereitet.

(Bild 36)

Was mich im ersten Moment überraschte - denn es war unschwer zu sehen- er war behindert. Ein wohl starkes Handicap. Ich dachte sofort an Frank Williams in der Formel 1. Der ja sogar im Rollstuhl sitzt. Dieter konnte sich wenigstens mit Hilfe eines Stockes bewegen - und wie! Sofort bewunderte ich diesen Menschen.

Tatsache war aber erst mal, daß der Wagen nicht richtig lief. Nachdem ich mir seine Meinung zu dem Problem angehört hatte, bat ich Ihm eine kurze Maßnahme ergreifen zu dürfen, welche er auch zustimmte. Danach lief der Wagen einigermaßen und der Fahrer (überglücklich) konnte sein Rennen fahren. Danach verloren wir uns wieder aus den Augen.
Wochen später ging bei mir das Telefon und ein Dieter Hoppe meldete sich und erzählte das er uns schon ein paar mal beobachtet hätte und wir doch eigentlich die richtige Basis hätten um mit einem Sponsor zusammenzuarbeiten.

Ich war wie vom Schlag getroffen. Nach den vielen Jahren vielleicht doch noch eine Verbindung zu einem Sponsor? Dieter Hoppe versprach jedenfalls eine solche Verbindung herzustellen. Wieder vergingen Wochen.
Im zweiten Telefonat sprach er davon auch eigene Fahrer in solch eine mögliche Verbindung mit einzubeziehen. Wogegen ich keinen Einwand hatte. Ich sollte jedenfalls ein Konzept entwickeln welches bei Gesprächsverhandlungen dann vorgelegt werden sollte.

Da ich aber keine PR-Vorbildung habe konnte ich einfach nur viele Bilder aus der Vergangenheit zusammenfassen und mit Argumente zusammen bei unserem Gespräch vorlegen.
Dieses führte dann tatsächlich zu einer Vereinbarung mit der WARSTEINER-BRAUEREI. Und zur Gründung des WARSTEINER-HISTORICAL-MOTORING-TEAMS, dem ersten Armateurteam dem diese Ehre zu Teil wurde. In diesem Moment wurde ein Stück (historische) Motorsportgeschichte geschrieben und die nachfolgend beschriebenen Menschen können sagen das sie dabei waren.